Gestern wurde ich von einem Wirtschaftsjournalisten angerufen und um meine professionelle Einschätzung zum neuen Mohrenbräu Logo gebeten.
Das Logo ist selbstredend wichtig und kann in der Essenz als ikonographische Repräsentation der Marke verstanden werden.
Beinahe alle beginnen ihren Markenprozess jedoch mit diesen irreführenden Logo-Diskussionen, die an der eigentlichen und wirklichen Aufgabe von Marken vollkommen vorbeigehen.
Ein Logo ergibt sich als Destillat eines fertig durchdachten Marken-Prozesses und ersetzt diesen nicht.
In diesem einen und sehr speziellen Fall fokussiert sich die Aufmerksamkeit allerdings ganz zurecht auf das Logo mit dem, an alte Kolonialzeiten erinnernden, Mohren-Kopf.
Hier treffen wir auf einen – in diesem Symbol gefangen genommenen – Mythos, der einer echten und zukunftsfähigen Begegnungs- und Genusskultur eindeutig im Wege steht.
Da gibt es also ein klar definiertes Problem und eine breite öffentliche Diskussion darüber. Das Unternehmen hat verständlicherweise Angst, das bereits in die Wahrnehmung eingebrannte Warenzeichen und das etablierte Erscheinungsbild aufzugeben. Und genau diese Mischung führt in der Praxis sehr oft zu den falschen Schlüssen. Die Verantwortlichen übersehen die wirklichen Chancen und Potentiale, die sich aus dieser Krisensituation so offenkundig ergeben hätten können.
Wenn… ja wenn man sich mit der Marke als lebendige Entität beschäftigt und sich bedeutungsvollere und weiterreichende (die Angst transformierende) Fragen gestellt hätte.
Mit dem MarkenSprint wäre innerhalb von kürzester Zeit vollkommen klar geworden, wohin die Zukunftsreise geht und welche magischen Bedeutungsebenen sich geradezu aufdrängen.
Bedeutungen, die die Marke gestärkt, ihre Historie betont, ihre Position und Individualität unterstrichen und ausgebaut hätten.
In den meisten Fällen sprechen Marken ja insbesondere das Unbewusste des Menschen an – und die allerwenigsten kümmern sich darum, was sie in ihrem Innersten zu einer Kaufentscheidung geführt hat.
Im Falle von Mohrenbräu wird nun etwas Hintergründiges plötzlich ins Licht der Aufmerksamkeit gezerrt und damit bewusst gemacht. In diesem sicher sehr unangenehmen Prozess wäre eine einmalige historische Chance gelegen, ein normalerweise „stummes Etwas“ lebendig werden zu lassen und damit dessen gesamtes Erfüllungs-Potential zu offenbaren. Logisch, verständlich und für nahezu zeitlos.
Ich habe dem Journalisten gesagt, dass ich den Verantwortlichen eine Empfehlung gegeben hätte, die sie mit Handkuss umgesetzt hätten und die jede Diskussion erübrigt hätte. Auf die Frage was nun die Empfehlung gewesen wäre, habe ich ihm angeboten, dass ich sie ihm mitteile, wenn er verspricht, sie nicht zu veröffentlichen. Er fand sie „genial einfach“.
Es bleibt leider zu befürchten, dass die Marke als „Tu das ja niemals“-Beispiel Eingang in die gängige Marken-Literatur finden wird.