Starke Marken und ihre Helden.
Warum Marken erst in der Wahrnehmung des Kunden entstehen, warum wir beim Kauf auf Autopiloten schalten und wie wir durch Marken zu Helden unserer eigenen Geschichten werden.
Christiane Mähr | Kronen Zeitung Vorarlberg
Starke Marke Teil 1, 27. Oktober 2021

von Christiane Mähr



„Eine Marke entsteht nicht aus der Sicht des Unternehmens, sondern immer erst in der Wahrnehmung des Kunden“, sagt Markenstratege Thomas Zerlauth. Dennoch machen sich Unternehmen bei der Entwicklung einer Marken- und/oder Marketing-Strategie in den meisten Fällen zuerst Gedanken über die eigenen Stärken und die Vorteile des Produktes oder der Dienstleistung. Diese werden dann in Slogans und Stories gegossen, um sie in der Folge über unterschiedliche Kommunikationskanäle an den Kunden zu bringen. Dass die dabei ausgesendete Botschaft mitunter nicht ankommt und die Verkaufszahlen nicht, wie erhofft, steigen, verwundert die Verantwortlichen. Nicht jedoch Zerlauth: „Im Hinblick auf die Entwicklung der Marke darf Branding nicht als ein Brandzeichen verstanden werden, das dem Kunden sprichwörtlich ins Gedächtnis gebrannt wird. Das nämlich kommt einer Push-Strategie gleich, bei der das Produkt oder die Dienstleistung dem Kunden regelrecht aufgedrückt wird, ohne dass dabei auf seine Bedürfnisse eingegangen wird. Und das funktioniert nur in den wenigsten Fällen.“

Dabei ist es vor allem die unbewusste Ebene des Kunden, die eine Marke ansprechen sollte – nicht zuletzt, weil wir bei der Kaufentscheidung sozusagen auf Autopiloten schalten. Thomas Zerlauth, der seit über 20 Jahren in der Hotellerie und Gesundheitsbranche sowie für Luxusgüter Marken konzipiert, aber genauso renommierte Markenagenturen berät, erklärt das folgendermaßen: „Eine starke Marke wirkt auf den Autopiloten, also das Unbewusste, und erzeugt dadurch einen Pull-Effekt. Es zieht den Kunden förmlich in das Bedeutungsfeld des Produktes oder der Dienstleistung. Daher sind Marken auch Bewusstseinsfelder.“
Die Marke ist somit nicht das Produkt, sondern umgibt das Produkt mit sogenannten Bedeutungsframes. Diese Rahmen oder Schichten strahlen indirekt ab und werden schlussendlich vom Kunden entschlüsselt. Was abstrakt und kompliziert klingt, passiert komplett unbewusst. Der Kunde hat ein Problem, ein Bedürfnis, das es zu befriedigen gilt, oder möchte dieses oder jenes Ziel erreichen. Was auch immer es ist: Nur wenn die Marke ihm authentisch vermitteln kann, dass sie ihm bei der Problemlösung helfen kann, wird er sich für den Kauf des Produktes entscheiden. Oder wie Zerlauth sagt: „Die Marke ist ein Guide, der dem Kunden signalisiert, wo und wie er sein Ziel erreichen kann.“


Ein Unternehmen mit einer erfolgreichen Marke stellt folglich auch den Kunden in den Mittelpunkt. Es macht sich nicht selbst zum Helden der Geschichte und verpasst dadurch die Chance, gemeinsam Geschichte zu schreiben. Kunden suchen keine neuen Helden, sie wollen selbst die Helden auf ihrer eigenen Reise sein.



Und noch etwas: Kaufentscheidungen finden meist nicht am Point of Sale statt, dort werden die Produkte „nur“ gekauft. Die Entscheidung fällt schon wesentlich früher, nämlich wenn der Bedarf entsteht. Poppt dann eine Marke vor dem inneren Auge auf, ist die Kaufentscheidung gefallen – zumindest so gut wie. Mitunter nämlich versucht das bewusste Ich bzw. der rationell denkende Verstand beim Kauf selbst doch noch einen Strich durch die Rechnung zu machen, etwa indem man sich Gedanken über den Preis macht. Je besser es das Unternehmen im Vorfeld verstanden hat, durch eine gut positionierte und starke Marke den Kunden emotional an sich zu binden, umso eher wird er schließlich zugreifen.
Dass das Produkt am Ende des Tages halten muss, was die Marke verspricht, steht für Thomas Zerlauth übrigens außer Frage. Und das gilt für Luxusgüter und große Global Player wie auch für das mittelständische Unternehmen auf dem Land und den Laden um die Ecke: „Nur wer die Bedürfnisse seiner Kunden kennt und ihnen dabei hilft, sie zu befriedigen, schafft es, Kunden an sich zu binden.“

tiefenpsychologische markenentwicklung

„Eine starke Marke wirkt auf den Autopiloten, also das Unbewusste, und erzeugt dadurch einen Pull-Effekt. Es zieht den Kunden förmlich in das Bedeutungsfeld des Produktes oder der Dienstleistung. Daher sind Marken auch Bewusstseinsfelder.“
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